Impuls der Freude. Der Maler Aris Kalaizis und der Schauspieler Christian Berkel
Anja Jahns beschreibt eine fruchtbare Beziehung zwischen den Berliner Schauspieler Christian Berkel sowie dem Leipziger Maler Aris Kalaizis
Es war ein paar Jahre her. Während seiner Einzelausstellung in der Leipziger „Spinnerei“ lernte Aris Kalaizis das Schauspielerpaar Andrea Sawatzki und Christen Berkel kennen. – Dabei entstand eine Freundschaft aus der mittlerweile eine Zusammenarbeit geworden ist. Vor diesem Hintergrund entstand nicht nur das Bild "Das Blumenhaus" (2011), sondern auch eine weitere Kollaboration, die zu dem folgendem Gemälde des Leipziger Malers, Aris Kalaizis führte …
„Die ersten Arbeiten zu dem Bild Wölfe liegen bereits zehn Jahre zurück“, sagt Aris, „als das Projekt einer gemeinsamen Arbeit konkreter, ist das Bild noch einmal zu mir gekommen.“ Verständlich, wenn man die Arbeitsweise des Leipzigers mit griechischen Wurzeln kennt. Bis eines seiner Gemälde fertig ist, vergehen zwei bis drei Monate. Und er arbeitet nie parallel an mehren Werken. Hat er eines beendet, muss er sich frei machen. „Ich suche die Daseinsform der Leere. Bis ich von der Leere empfangen werde, vergehen schon einmal durchschnittlich zwei bis drei Wochen. Dann kann ich das neue Bild nur angehen, wenn ich hundertprozentigen Impuls der Freude spüre.“ Der Idee folgt zunächst die Suche nach einem Ort, einem Hintergrund, den er zumeist fotografiert. Das so entstandene Foto hängt er sich übers Bett, spekuliert über die sich bietenden Möglichkeiten, baut später das Wunschbild als Modell auf, beobachtet während des Aufbaus, verändert notfalls. Dann gelangen die Figuren hinzu, gibt ihnen Anweisungen und fotografiert abermals. Dabei entstehen zumeist nicht weniger als 15 – 20 Fotos, die er mit ins Atelier nimmt. Dabei geht es ihm nicht um eine fotorealistische Umsetzung, denn er ist kein Fotorealist: „Die Wirklichkeit abzubilden ist nicht meine Absicht. Aber die Wirklichkeit wahrzunehmen und sie in etwas zu überführen, was die Wirklichkeit übersteigt, ist mein Ansinnen.
Auf dem nun gemeinsam zu bearbeitenden Bild Wölfe ist ein Mann zu sehen, im dicken Mantel mit Kapuze, neben ihm die Schlittenhunde. Aris, der mit seinen Bildern als Vertreter der Neuen Leipziger Schule gilt, markiert mit Kreppband den Bereich, den Christian mit einem dicken Pinsel herausarbeiten soll – womit der Schauspieler keine Probleme hat. Anschließend wird die Lasur aufgetragen. „Nimm etwas weniger Farbe“, rät Aris dem Freund „und versuch, mehr Struktur herauszuarbeiten.“ Christian verstreicht die Lasur mit Pinsel und Lappen. Und dies mit wachsender Begeisterung. „Der Hintergrund ist stark, wie eine widerspenstige Landschaft – Spannung entsteht im Bild.“
Christian arbeitet weiter. „Mit dem Lappen geht es besser“. Aris grinst: „Man könnte meinen, du hättest einen Putzfimmel.“ Jetzt wir es schwieriger. Christian soll die Trennung der Beine mit Schwarz herausarbeiten. Er mischt die dunkle Lasur selbst und macht sich ans Werk.. „Das ist wie die Erfüllung eines Kindertraums, die Bewegung hilft, aus dem Bewussten rauszugehen. Das erfreut mich.“ Er zieht einen starken Strich.
Aris ist sichtlich beeindruckt. „Wie hoch war noch einmal dein Tagessatz?“ Christian ist noch ganz gefangen von seinem Tun. „Beim Malen sieht man die unmittelbare Wirkung dessen, was man tut.“ „Stimmt.“ Aris nickt. „Das Malen ist gnadenlos.“ Für ihn ist das Motiv des Bildes – der Hirte, der Suchende, die bestimmende Metapher für ihn als Maler. „Der schon anerkennt, was erreicht wurde, aber unentwegt nach Höherem, Besserem sucht. Und dabei nicht selten enttäuscht wird, was einen aber nicht davon abhalten sollte, weitere Schneisen und Wege zu begehen. „Das von langer Hand vorbereitete Gemälde ist jenes, wo ich meine Stärken zu haben glaube. Die damit einher gehende Ernsthaftigkeit hat auch damit zu tun, dass unser gesellschaftlicher Umgang mit den dunkleren Bereichen des Lebens, immer banaler und trivialer abgehandelt wird. Die Kunst kann dazu einen Gegenentwurf liefern und dies könnte im übrigen auch ein Grund sein, warum das Interesse an Kunst in den letzten Jahren so stark gewachsen ist.“ Christian kann dem nur zustimmen: „Was ich heute erlebe und was mich in den Künsten etwas stört, ist ein allgemeiner Trend in der Gesellschaft, dass es immer weniger Ausschläge nach oben oder unten gibt. Es ist eine Gleichförmigkeit, die auch zu einer Gleichschaltung führt. Es gibt sehr wenig Kunst, die tatsächlich Widerstand. Und das ist auch eine der Aufgaben von Kunst.“
CHRISTIAN BERKEL
1957 in Berlin geboren wurde einem grösseren Publikum bereits 2001 durch Oliver Hirschbiegels Kinofilm „Das Experiment“ sowie im oscarnominierten Film „Der Untergang“ bekannt. Darüber hinaus spielte er u.a. in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“. Bereits als 19-jähriger spielte er 1977 in Ingmar Bergman's Filmdrama „Das Schlangenei“. Christian Berkel lebt in Berlin.
(Quelle: Abenteur Kunst, BMW-Kunstkalender Charity-Magazin Dez/2012)
©2012 Aris Kalaizis, Christian Berkel, Anja Jahns, Fotos: Steffen Junghans